BFH – Sachverständige Schätzung der Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden ImmoWertV

Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint.
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Leitsätze des BFH

1. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint (Anschluss an Senatsurteil vom 28.07.2021 – IX R 25/19, Rz 19; z.T. entgegen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332, Rz 24).

2. Der schlichte Verweis durch den Steuerpflichtigen auf die modellhaft ermittelte Gesamt- und Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung genügt nicht, um eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darzulegen und nachzuweisen.

3. Der kapitalisierte Wert eines lebenslangen, fortbestehenden Nießbrauchsrechts an einem Grundstück ist nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des Grundstücks, wenn der Nießbraucher das Eigentum am belasteten Grundstück erwirbt.

BFH, Urteil v. 23.1.2024 – IX R 14/23;

Fazit

Die Entscheidung behandelt hauptsächlich, wie man eine abweichende Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darlegen kann, anstatt sich auf die typisierte Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zu beziehen. Nach der BFH-Entscheidung vom 28.7.2021 (IX R 25/19) gab es ein Missverständnis, dass kein Expertengutachten mehr erforderlich sei, um die abweichende Nutzungsdauer darzulegen. Es wurde teilweise argumentiert, dass dies einfach aufgrund der abweichenden typisierten Nutzungsdauer gemäß der ImmoWertVO durch den Steuerpflichtigen oder seinen Berater begründet werden könnte.

Das eigentliche Ziel der BFH-Entscheidung war jedoch, Experten mehr Flexibilität bei der Auswahl der Bewertungsmethode in einem Gutachten zu ermöglichen, ohne ihre Beurteilungsbefugnis bezüglich der Bewertungsmethode unzulässig einzuschränken. Sowohl das damalige BFH-Urteil als auch die klare Aussage des Besprechungsurteils stellen klar, dass ein einfacher Verweis auf die modellhaft berechnete Restnutzungsdauer nach der ImmowertV 2021 nicht ausreicht, um die abweichende Nutzungsdauer nachweisen zu können.

In der Praxis bedeutet dies, dass immer noch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erforderlich ist, um die abweichende Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG geltend zu machen, das sich insbesondere auf die individuellen Gegebenheiten des zu bewertenden Objekts bezieht.

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Patrick Rambow

Steuerberater für Immobilien