Hintergrund: Das FG Köln verhandelte erstmalig in einem Verfahren, das die Bewertung einer Immobilie für die neue Grundsteuer in NRW betrifft. Die Klage richtete sich gegen einen Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts zum 1.1.2022 nach dem Bundesmodell. Die neue Bewertung war notwendig geworden, weil das BVerfG im Jahr 2018 die bisher geltende Bewertung für die Grundsteuer (sog. Einheitsbewertung zum 1.1.1935 bzw. 1.1.1964) für verfassungswidrig erklärt hatte und der Gesetzgeber aufgefordert war, ein neues Bewertungsverfahren zu schaffen.
Sachverhalt: Gegenstand der Bewertung ist eine Eigentumswohnung. Bei der Berechnung des Grundsteuerwerts wurde u.a. ein Bodenrichtwert von 2.280 € angesetzt. Die Kläger halten die neue Bewertung nach dem Bundesmodell für verfassungswidrig. Der Grundsteuermessbetrag habe sich wesentlich erhöht. Zudem sei bei einer weiteren in ihrem Eigentum stehenden Eigentumswohnung, die sich unweit entfernt in einer – nach Ansicht der Kläger – besseren Ortslage befinde, ein weitaus niedrigerer Bodenrichtwert von 530 € angesetzt worden.
Das FG Köln wies die Klage ab:
- Der festgestellte Wert entspricht den Vorgaben der neuen Wertermittlungsvorschriften nach dem Bewertungsgesetz.
- Das neue Bewertungsrecht zur Neufestsetzung der Grundsteuer begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ziel der Bewertung ist ein „objektiviert-realer Grundsteuerwert“ innerhalb eines Korridors von gemeinen Werten (Verkehrswerten).
- Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen zur Verfassungswidrigkeit der alten Einheitsbewertung betont, dass der Gesetzgeber gerade in Masseverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum verfügt.
- Die bisherigen Bewertungsvorschriften sind nicht wegen einer zu typisierenden Wertermittlung verworfen worden, sondern vor allem deshalb, weil der Gesetzgeber jahrzehntelang auf neue Hauptfeststellungen verzichtet hat. Nunmehr ist mit Blick auf die rund 36 Millionen erforderlichen Neubewertungen von Grundstücken ein möglichst einfaches, automationsfreundliches Verfahren gewählt worden.
- Dies bedingt – auch und gerade im Hinblick auf das Ziel einer künftig automatisierten Immobilienbewertung ohne die erneute Vorlage manuell auszufüllender Steuererklärungen – eine gewisse Standardisierung.
- Die Heranziehung von Bodenrichtwerten zur Ermittlung des Bodenwerts hat sich steuerrechtlich seit vielen Jahren sowohl im Rahmen der sog. Bedarfsbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer als auch im Zuge ertragsteuerlicher Wertermittlungsanlässe, wie z.B. der Kaufpreisaufteilung, bewährt. Die Bodenrichtwerte werden darüber hinaus auch im Rahmen von Verkehrsermittlungen von Grundstücken herangezogen.
- Hinzu kommt, dass von einer gleichwertigen oder gar besseren Lage der von den Klägern zum Vergleich herangezogenen Eigentumswohnung nicht die Rede sein kann. Diese Wohnung liegt in einer als „Gewerbe/Industrie/Sondergebiet“ ausgewiesenen Zone in der Nähe einer Bahntrasse, während sich die zu bewertende Eigentumswohnung in einer gefragten Wohnlage befindet.
- Im Streitfall ist zudem weder das Übermaßverbot verletzt noch liegt ein „Typisierungsausreißer“ vor.
- Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat zwar inzwischen den Nachweis des niedrigeren Verkehrswerts in bestimmten Fällen zugelassen. Allerdings erreicht der zum 1.1.2022 festgestellte und von den Klägern angegriffene Grundsteuerwert nur etwa 66 Prozent des von den Klägern zweieinhalb Jahre vor dem Bewertungsstichtag in 2019 gezahlten Kaufpreises.
- Soweit die Kläger sich mit ihrer Klage letztlich für eine vollständige Abschaffung der Grundsteuer in der bisherigen Form aussprechen, obliegt diese politische Entscheidung allein dem Gesetzgeber.
Hinweise:
Das Verfahren bildet ein Musterverfahren für eine Vielzahl derzeit noch bei den Finanzgerichten und Finanzämtern anhängiger vergleichbarer Streitfälle.
Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.
FG Köln, Pressemitteilung v. 2.10.2024